17.06.2021, 10:35 Uhr

War früher nicht mehr EM?

Das Spiel Deutschland gegen Frankreich bei der Fußball-Europameisterschaft ließ wenig Grund zum Jubeln. Foto: Hille

© Hille, Henrik

Das Spiel Deutschland gegen Frankreich bei der Fußball-Europameisterschaft ließ wenig Grund zum Jubeln. Foto: Hille

Nordhorn Um es deutlich zu sagen: Natürlich war nicht alles besser, aber manches schon. Sehr deutlich wird das für mich beim Blick auf den Fußball, und insbesondere auf die Leidenschaft, mit der ein Spiel betrachtet oder wie nach einem Sieg der eigenen Mannschaft gefeiert wird.

Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an die Fußballweltmeisterschaft von 1990 und die nach dem Endspiel folgenden Szenen in Nordhorn.

Nachdem Andy Brehme in der 85. Minute im Finale gegen Argentinien mit einem verwandelten Elfmeter die deutsche Mannschaft 1:0 in Führung brachte, kannte der Jubel kaum noch Grenzen. Ich hatte das Spiel mit einer größeren Gruppe von Leuten gesehen, die sich durch das Nordhorner Jugendzentrum kannten. Alle flippten auf eine gute Art aus, keiner war des Nationalismus, oder eines übersteigerten Patriotismus verdächtig, es war einfach Begeisterung und Spaß. Und das war noch längst nicht alles. Nachdem der Sieg feststand und Beckenbauer mit der Goldmedaille einsam im Stadion in Rom seine Runden gedreht hatte, gingen wir nach draußen und sahen, dass die Neuenhauser Straße voller Menschen war, ohne dass dies vorher genehmigt worden war.

Unversehens fand ich mich in einem äußerst grob mit schwarz-rot-gelb gestrichenen Auto wieder, das seine besten Jahre schon hinter sich hatte, mit dem wir den Anfang eines Autokorsos bildeten und entlang der jubelnden Menge vorbeifuhren. Die Party ging bis in die späten Abendstunden.

Große Begeisterung herrschte auch bei der Europameisterschaft in England nach dem Golden Goal von Oliver Bierhoff, das ich in der voll besetzten Tenne des Jugendzentrums sah.

Danach folgte Tristesse mit dem Ausscheiden im Viertelfinale gegen Kroatien bei der Fußballweltmeisterschaft in Frankreich und das Vorrunden-Aus bei der Europameisterschaft in den Niederlanden und Belgien, bis das „Sommermärchen“ 2006 in Deutschland trotz des Ausscheidens im Halbfinale die Fans mit der deutschen Nationalmannschaft versöhnte.

Public viewing war in diesem Jahr mehr und mehr zu beobachten. Nach dem vorläufigen Höhepunkt 2014 mit dem Gewinn des Weltmeistertitels schlich sich besonders nach dem blamablen Vorrunden-Aus 2018 in Russland wieder Tristesse in den Herzen der Fußballfans ein. Tiefpunkte ohne Zweifel das 0.6 gegen Spanien bei der Uefa Nations League und das 1:2 in der WM-Qualifikation gegen Nordmazedonien.

Kein Wunder also, dass die Begeisterung über die gerade angelaufene, pandemiebedingt um ein Jahr verschobene Europameisterschaft sich zumeist noch in Grenzen hält. Immerhin haben sich beispielsweise in Uelsen trotz Corona-Bedingungen zirka 300 Besucher eingefunden, um das erste Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen den amtierenden Weltmeister Frankreich anzuschauen.

Traurigerweise erlebten die Zuschauer eine unglückliche 0:1-Niederlage durch das Eigentor von Mats Hummels. Das Ergebnis war aber aufgrund der spielerischen Klasse von Kylian Mbappé & Co. verdient, die der kämpferischen deutschen Mannschaft ihre Grenzen aufzeigten.

Am Samstag, 19. Juni, trifft die deutsche Mannschaft auf den amtierenden Europameister Portugal, eine weitere große Hürde in der Vorrunde der EM. am