20.12.2022, 08:30 Uhr

Menschen und Maschinen im Licht der Fotografie

Menschen an den Maschinen bei der Firma Nino um 1930. Foto: GN-Archiv

Menschen an den Maschinen bei der Firma Nino um 1930. Foto: GN-Archiv

„Aller guten Dinge sind drei“ heißt ein altes Sprichwort. Ummünzen lässt es sich auch auf die Buchveröffentlichungen des Stadtmuseums Nordhorn. Mit der Hilfe ehrenamtlicher Mitglieder des Grafschafter Museumsvereins und einem Druckkostenzuschuss vonseiten der Grafschafter Sparkassenstiftung ist nach dem Bildband mit Ansichten aus dem Fotoatelier Richard Zahn sowie einer Fotoedition über das Fotoatelier Heekeren ein weiteres sowohl sehens- wie auch lesenswertes Fotobuch entstanden, das den Titel „Menschen & Maschinen“ trägt.

Wie Dr. Werner Rohr, Präsident des Grafschafter Museumsvereins, in einem Grußwort mitteilt, stehen museumseigene Bestände zur Industriefotografie im Mittelpunkt des Buches. „Sie sind in den ehemaligen Textilfabriken NINO, Povel und Rawe im Laufe des 20. Jahrhunderts entstanden. Sie zeigen die Menschen an den Maschinen, die Tag für Tag in den Fabriken gearbeitet haben. Die Anfänge um 1900 und der Strukturwandel um 2000 umrahmen die Arbeitswelten der „großen Drei“, erläutert Rohr.

Wie die Leiterin des Museums, Nadine Höppner, in ihrem Vorwort schreibt, bilden die Industriefotografien neben den Überlieferungen regionaler Fotografen und den Modefotografien des NINO-Werbearchivs den dritten Themenschwerpunkt der Tätigkeit des Stadtmuseums. „Legenden wie Charles Wilp, Otto Steinert, Dr. Paul Wolff, Alfred Tritschler oder Charles Compére waren nur einige der führenden Fotografen, die im 20. Jahrhundert die Menschen und Maschinen in den Nordhorner Textilfabriken porträtiert haben“, führte Höppner weiter aus.

Dass die Fotografie eine so große Rolle für die Außendarstellung industrieller Betriebe erlangte, hat für die Museumsleiterin damit zu tun, dass sie lange Zeit als Leitmedium für Fortschritt und Modernität galt, Attribute, mit denen man sich gerne schmückte. Wie sie erläuterte, war die Fotografie „als Medium selbst eine neue Erfindung“ und stieg nach den Anfängen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den 1920er-Jahren zum Massenmedium auf. Höppner erklärte: „Das handwerkliche Serienprodukt Fotografie passte zur industriellen Serienproduktion der Fabrik ausgezeichnet. Den Bedürfnissen der Firmen nach Imagebildern und Werbung entsprach es so hervorragend, dass in den 1960-er und 1970-er Jahren eine regelrechte Flut an Industriefotografien entstand – auch bei den „großen Drei“ in Nordhorn.

Die Anfänge der Industriefotografie werden von Höppner auf die Jahrhundertwende 1900 datiert. Was wurde fotografiert: „Firmenschriften zeigten Bildserien mit sorgfältig inszenierten Aufnahmen aus allen Bereichen der Fabrik oder dokumentieren die einzelnen Arbeitsschritte der Produktion. Die Maschinen standen für die Fotografen still, die Menschen in ihrer jeweils typischen Arbeitskleidung ebenso ... Die Fotografien sind kein Dokument der Arbeitswelt, sondern zeigen, wie Menschen und Maschinen idealtypisch aussehen sollten.“

Später gerieten dann Schornsteine, Hochbauten und Sheddächer in den Fokus der Fotografen. Sie waren symbolisches Zeugnis für Produktionskraft und Arbeitsfleiß.

Ansichten von Fabrikhallen und Maschinen fast ganz ohne Menschen dominieren bis Anfang der 1950-er Jahre die Industriefotografie. Aufgeräumt und übersichtig sollten die Bilder wirken und so die Modernität des Betriebes demonstrieren.

Ein weiterer Wandel der Industriefotografie folgte in den 1960-er Jahren. Es entstand eine bis dahin nicht gekannte Masse an Unternehmensbroschüren, Image- und Werbematerial. „Die Industriefotografie wurde künstlerischer, frecher und selbstbewußter... Die Schönheit der Technik wandelte sich zu einer Schönheit der Arbeitswelt“, heißt es in Kapitel 6.

Mit dem Niedergang der Textilindustrie rückte bei den Fotografen der dokumentarische Blick in den Mittelpunkt des Interesses. „Industriefotografie wurde politisch, gesellschaftskritisch und privat“, schreibt Museumsleiterin Höppner. Abgebrochene Gebäude wurden zum Symbol des Untergangs. „Eine Vielzahl der Bilder dokumentieren auch den Wiederaufbau und die Sanierung der Gelände, die Erneuerung des Stadtbildes und damit die erfolgreiche Bewältigung des Strukturwandels“, so Höppner abschließend.

Das Buch „Menschen & Maschinen - Industriefotografie 1898 - 2019“ ist im regionalen Buchhandel sowie im Shop des Nordhorner Stadtmuseumes an der Nino-Allee erhältlich.

Info: www.stadtmuseum-nordhorn.de