Handwerkskammer: „Krisenjahr insgesamt gut bewältigt“

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Auch für das Friseurhandwerk in der Grafschaft Bentheim ist die Corona-Krise eine enorme wirtschaftliche Herausforderung. Symbolfoto: dpa
Osnabrück/Grafschaft Das Handwerk im Kammerbezirk Osnabrück–Emsland–Grafschaft Bentheim mit seinen rund 11.000 Betrieben und über 100.000 Beschäftigten hat das abgelaufene Pandemiejahr insgesamt gut bewältigt. Dieses Fazit zieht die Handwerkskammer in ihrem Jahresbericht für das Jahr 2020. „Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen sind unsere Mitgliedsbetriebe einigermaßen gut durch das Krisenjahr 2020 gekommen“, bilanziert Kammerpräsident Reiner Möhle. Dabei verhehlt er nicht die konjunkturellen Verwerfungen angesichts der mehrwöchigen Betriebsschließungen bei den Friseuren, Kosmetikern, Optikern und anderen Handwerken mit Ladengeschäften insbesondere aus dem persönlichen Dienstleistungssektor. Möhle stellt angesichts der Pandemie fest: „Das Handwerk ist systemrelevant, also unabdingbar und wertvoll für jeden Einzelnen, für die Wirtschaft, für das Gesundheitswesen, für das duale Bildungssystem und für unsere Gesellschaft insgesamt.“
Mehrheit bewertet Geschäftslage positiv
Trotz der coronabedingt besonderen Umstände bewerteten dem Bericht zufolge Ende des Jahres noch 58 Prozent der Handwerksbetriebe ihre Geschäftslage als gut, weitere 32 Prozent zeigten sich mit ihrer Geschäftslage zufrieden. Lediglich zehn Prozent beklagten eine schlechte Geschäftslage. Getragen wird die positive Entwicklung insbesondere durch die Betriebe des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes. Deutlich schlechter bewerten Betriebe der persönlichen Dienstleistungen das Jahr. Durch Schließungen und strenge Hygienestandards war dieser Bereich stark betroffen. Auch die Betriebe des Nahrungsmittelsektors wie Fleischer, Bäcker und Konditoren haben starke Einbußen verzeichnet.
Mehr Betriebe im Kammerbezirk
Die Handwerkskammer verzeichnet ein Plus von 129 Betrieben auf insgesamt 10.945 Handwerksbetriebe. „Dies ist mit einer langjährigen linearen positiven Binnenkonjunktur zu begründen. Auch trägt die wieder eingeführte Meisterpflicht bei bestimmten Berufen dazu bei, da hier bei Betriebsgründungen beziehungsweise Übernahmen eine höhere Marktsicherheit gegeben ist“, erläutert Möhle.
Weniger Aus- und Weiterbildung
Insgesamt 2346 Personen haben im vergangenen Jahr eine Ausbildung im Osnabrücker, emsländischen und Grafschafter Handwerk begonnen. Die Zahl neu eingetragener Lehrverträge ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 Prozent zurückgegangen. In der Gesamtheit befinden sich im Kammerbezirk zum Jahreswechsel über alle Ausbildungsjahre 6771 Personen in einer beruflichen Ausbildung, also 3,2 Prozent weniger als im Jahr zuvor. „Das ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein guter Wert. Der Rückgang liegt auch deutlich unter dem Landes- und Bundesdurchschnitt von rund minus zehn Prozent“, stellt Möhle fest.
Die Bildungseinrichtungen der Handwerkskammer mit den Standorten in Osnabrück, Lingen, Meppen, Nordhorn, Herzlake und Papenburg verzeichneten bei den Teilnehmerzahlen einen Rückgang um fast 13 Prozent. Insgesamt nahmen an allen Bildungsstandorten über 17.000 Teilnehmer an Lehrgängen der Aus-, Fort- und Weiterbildung teil.
Betriebsberatung und Strukturförderung im Fokus
Mit dem Ziel, den betroffenen Handwerksbetrieben möglichst schnell und passgenaue Beratungs- und Informationsangebote zur Bewältigung der Corona-Krise anzubieten, wurden mit dem ersten Lockdown im März 2020 Inhalte und Arbeitsstrukturen der Betriebsberatung angepasst und erweitert. So sind die Beratungsschwerpunkte verändert und neue digitale Abläufe eingeführt worden. Zudem wurden Videokonferenzsysteme zur Information und Beratung der Betriebsinhaber etabliert. Insgesamt hat die Betriebsberatung 664 einzelbetriebliche Beratungen und 299 Kurzberatungen zu Corona-Hilfsmaßnahmen im Jahr 2020 durchgeführt.
Hoffnung auf die zweite Jahreshälfte
Für die kommenden Monate prognostiziert die Handwerkskammer weitere konjunkturelle Einbrüche. „Auch wenn es möglicherweise in der zweiten Jahreshälfte zu einer Normalisierung der Wirtschaftsabläufe kommen wird, werden sich die bisherigen negativen Entwicklungen in der Gesamtwirtschaft entsprechend auswirken“, zeigt sich Kammer-Hauptgeschäftsführer Sven Ruschhaupt besorgt. Insbesondere als Zulieferer der Industrie reagiere die Handwerkskonjunktur zeitverzögert auf die Entwicklung auch in anderen Wirtschaftsbereichen wie Handel und Dienstleistungen. „Das Handwerk der Region ist aber sehr robust aufgestellt und auch die stärker von den Pandemie-Maßnahmen betroffenen Bereiche werden hoffentlich spätestens in 2022 mit einer Erholung der konjunkturellen Entwicklung rechnen können“, ist Ruschhaupt zuversichtlich.
Weitere Informationen gibt es auf www.jahresbericht-hwk-osnabrueck.de.