11.04.2019, 18:00 Uhr

Bewegendes Theaterstück „Weibblick“ sucht nach Europa

Zehn Monate lang hat es gedauert mit sieben Frauen des Theaterkurses „Weibblick“ das neue Stück zu entwickeln: „Looking for Europe“ heißt die Produktion unter der Leitung von Julia Windisch (TPZ Lingen), die in der TPZ Werkstattbühne gezeigt wurde.

Der Theaterkursus „Weibblick“ präsentiert sein neues Stück „Looking for Europe“. Foto:TPZ

© Roman Starke

Der Theaterkursus „Weibblick“ präsentiert sein neues Stück „Looking for Europe“. Foto:TPZ

„Einlass und Beginn um 20 Uhr“ – so hieß es auf Flyern und Plakaten. Wer sich zunächst darüber wunderte, wurde schnell aufgeklärt, denn die sieben Frauen des Theaterkurses „Weibblick“ haben bereits den Einlass für ihr Publikum inszeniert und so den Zuschauer einen interaktiven und sinnlichen Einstieg in das Thema wie auch Stück ermöglicht. An mehreren Stationen wurde Europa beleuchtet. Vom brutalen Gründungsmythos mit einem Stier, der sich bemalen ließ, der aber auch im Aquarium der Flaggen mitmischte, Flaggen entfernte, wieder aufrichtete; über die EU und „Freude schöner Götterfunken“ zum Reinhören, bis hin zum interaktiven Fragespiel „Was ist Europa heute für mich?“.

Im Stück selber wurden dem Publikum durch verschiedene theatrale Formen Sichtweisen, Fragen und Ängste aufgezeigt. Deutlich wurde vor allem, dass das Thema EU/Europa keines von klaren Unterscheidungen in Schwarz und Weiß ist. Richtig oder falsch wurde nicht vorgegeben; Ängste und Hoffnungen wurden thematisiert.

Während des zirka 40-minütigen Stücks wurde auf der Bühne ein Bild vom politischen Europa aufgebaut: der Stierkopf, Sterne, Wohlstand, gemeinsame Werte. Im Verlauf entwickelte sich das zunächst utopische Bild in eine Festung. Zäune wurden höher; Grenzen wurden gezogen. Währenddessen hörte das Publikum immer wieder Statements, mal aus der Gruppe, mal vorgelesene Zettel, die Zuschauer zu Beginn ausgefüllt hatten. Dabei hielt sich die Gruppe nicht an intellektuellen, schöngeistigen Floskeln auf, sondern fand Wege, dem Publikum einen emotionalen Zugang zu dem Thema zu verschaffen und zum Nachdenken anzuregen. „Es gibt Menschen, die sich abgehängt fühlen, es gibt Ängste, die Einzelne bewegen, es gibt Vielfalt, gemeinsame Werte und Ideale, die aber zu einer bloßen Fassade werden, wenn nicht mehr dahinter steckt“, sagt Julia Windisch.

Das Ende des Stücks lässt weiterhin die Frage offen „Was könnte Europa sein?“ Nils Hanraets (Leiter TPZ) freut sich über ein Stück, das sichtlich die Zuschauerinnen und Zuschauer bewegte: „Die Spielerinnen haben es geschafft, eine sehr dichte Atmosphäre zu kreieren. Der moralische Zeigefinger wurde nicht angewandt; Ihnen ist es gelungen, Momente zu erzeugen, in denen das Publikum ehrliche Berührung empfunden hat, die zum Nachdenken und Diskutieren anregten“, resümiert Nils Hanraets.

Der Theaterkurs „Weibblick“ sucht weitere Mitspielerinnen und Mitspieler. Nach der erfolgreichen Premiere wendet man sich dem nächsten Projekt zu. „Was das sein wird, dass wird die Gruppe entscheiden“, so Julia Windisch. „Weibblick“ ist im TPZ Lingen ein Theaterkursus für Frauen ab 20 Jahren, der sich wöchentlich dienstags von 20 bis 21.30 Uhr im Professorenhaus trifft und wird gefördert vom Gleichstellungsbüro der Stadt Lingen. Der nächste Termin ist der 14. Mai; aber auch danach sind neue Frauen willkommen. Kontakt: Julia Windisch, Telefon. 0591-91663-23 oder per E-Mail an julia.windisch@tpzlingen.de.